Aufreger
Aufreger: § 263 StGB
Der junge Mann, der sich für einen unserer Hunde interessiert, hat ein sehr freundliches Auftreten. Auch sein Umgang mit dem Hund ist liebevoll und in Ordnung. So haben wir Hoffnung, dass es zu einer Vermittlung kommt.
Alle unsere Fragen beantwortet er wortgewandt. Doch es fällt auf, dass trotz umfänglicher Texte mitunter kein Inhalt erkennbar ist. Insbesondere die Frage nach seiner Adresse bleibt unbeantwortet. "Nur 20 Minuten von der Arbeit entfernt", lautet die Aussage. Eine andere Tierpflegerin fragt nach. Plötzlich ist der junge Mann nur zwei Straßen entfernt von seinem Geschäftsraum, den er sich für seine gerade begonnene Selbstständigkeit angemietet hat.
Nun will unsere Vorsitzende es genau wissen. Sie befragt den jungen Mann ebenfalls. Er solle Straße und Hausnummer konkret nennen.
Der junge Mann nennt die Adresse seines Geschäftsraumes. Dort hätte er auch eine Wohnung im 2. Stock gemietet, direkt über dem Gewerberaum.
Der junge Mann versichert, dass er sie bereits in Händen hält und wir das Original sehen könnten.
Als wir den Ausweis verlangen, steht dort eine Adresse in einer ganz anderen Stadt und die liegt nicht grad "um die Ecke". Das sei nur noch nicht umgemeldet, lautet die Erklärung.
Eine Fehlvermittlung wollen wir nicht riskieren. Andererseits ist es unser Bestreben, keine gute Möglichkeit für den Auszug eines Tieres zu versäumen.
Unser Tierheimleiter macht sich also auf den Weg, um sich unangekündigt die Lage vor Ort anzusehen.
Den Gewerberaum gibt es. Der junge Mann ist nicht da. Das einsehbare Studio sieht aus, als ob dort jemand auch übernachtet. An der angeblich angemieteten Wohnung steht ein anderer Name.
Wie der Zufall es will, trifft unser Tierheimleiter den Vermieter vor dem Haus. Und wie der nächste Zufall es will, kennt unser Tierheimleiter den Hausbesitzer sogar.
Dieser bestätigt, dass der junge Mann in dem Gewerberaum kampiert und keine Wohnung angemietet hat. Zur Frage der Hundehaltung lautet sein eindeutiger Kommentar: "Er hat keine Erlaubnis zur Haltung eines Hundes. Und er wird auch keine erhalten!"
Wir sollten also getäuscht werden, um den Hund herauszugeben. Das kann durchaus schon ein Straftatbestand sein.
Die Urkundenfälschung, die der Interessent hätte begehen müssen, um uns ein Vermieterschreiben vorzulegen, wäre es in jedem Falle gewesen.